Mittwoch, 23. September 2009

Der Mythos von homogenenen ERP-Systemlandschaften

Noch immer beherrscht der „All-in-One“-Gedanke in vielen Bereichen das Denken über ERP. Beinahe krampfhaft wird der homogenen Systemlandschaft hinterhergehechelt. Gerne gibt man sich dem Glauben hin, dass der Bezug aller Softwarekomponenten von einem Anbieter quasi mit einer homogenen Systemlandschaft gleichzusetzen ist.
Dabei sind homogene Systemlandschaften eine Fiktion, die im Kontext der Veränderungsdynamik wenig Sinn ergibt. Systemlandschaften unterliegen genauso wie physische Systeme gewissen Regeln der Statik. Unter dem Gesichtspunkt der Veränderbarkeit wird deutlich, dass es durchaus sinnvoll sein kann, verschiedene Funktionen auf verschiedene Systemkomponenten zu projizieren und damit auch Soll-Bruchstellen zu definieren. Diese Soll-Bruchstellen erlauben letztlich eine Veränderung des Systems in Teilen, ohne immer das gesamte System in Gänze ändern zu müssen.
Autor: Dr. Eric Scherer, i2s GmbH, Zürich

Mittwoch, 16. September 2009

ERP-Nutzen lässt sich berechnen

Der Nutzen von ERP-Systemen lässt sich in drei Nutzenkategorien erfassen: (1) Optimierung des IST-Zustandes, (2) Risikominimierung und (3) Erschliessung neuer Tätigkeitsfelder. Der Nutzen einer ERP-Investition ergibt sich streng genommen rein mathematisch als der Wert der positiven Veränderung vom IST- zum SOLL-Zustand. Damit hängt der Nutzen originär von der Ausgangslage ab. Ist diese sehr gut, ist es schwer einen grossen Nutzen zu erzielen. Entsprechend erscheinen sämtliche quantifizierten Aussagen zum Nutzen von ERP-Systemen seitens eines Anbieters so lange als unglaubwürdig, solange er den aktuellen IST-Zustand nicht kennt.
Strenggenommen dürften Anbieter daher nur von „Nutzenpotentialen“ reden. Darüber hinaus ist es möglich, dass durch den Einsatz eines neuen ERP-Systems eine an sich gute Ausgangslage langfristig stabilisiert und gesichert wird. Der Nutzen ergibt sich in einem solchen Fall durch die Vermeidung eines Risikos und kann daher nur über die statistische Wahrscheinlichkeit des möglichen Eintretens eines Risikos und die mögliche Schadensumme ermittelt werden.
Neben den eher auf den status quo ausgerichteten Betrachtungen bietet eine ERP-Investition auch die Möglichkeit, neue Tätigkeits- und Geschäftsfelder zu erschliessen. In diesem Fall stellt ein ERP-System eine marktrelevante Grösse dar. Leider wird genau dieser Aspekt von ERP-Systemen noch immer zu wenig oder – wie die vielen E-Business-Ruinen zeigen – dilettantisch angegangen. Mit Hilfe von ERP-Systemen lassen sich völlig neue Geschäftsprozesse realisieren – einzig die Marktregeln kann IT nicht aushebeln.
Autor: Dr. Eric Scherer, i2s GmbH, Zürich

Sonntag, 13. September 2009

Kernkompetenz Stammdatenpflege

ERP-Systeme sind zu einem Gebrauchsgegenstand in Unternehmen geworden. Wie wichtig ein ERP-System ist, merkt man in der Regel dann, wenn das System einmal nicht läuft. In der Vergangenheit waren hier vor allem Programmfehler oder auch Probleme mit der Hardware Schuld. Solche Probleme gehören heute in aller Regel der Vergangenheit an: ERP-Systeme sind technisch stabil und robust. Dennoch kommt es laufend vor, dass das System „nicht will“.
Der alleinige Hauptgrund für ein „bockiges Systemverhalten“ sind fehlende oder schlecht gepflegte Stammdaten. Dabei kann man noch von Glück reden, wenn das System sich bockig verhält und eine nervende Fehlermeldung von sich gibt.
In aller Regel arbeiten Systeme auch mit schlecht gepflegten Daten relativ gut. Die operativen Prozesse können mit ein paar Tricks am Leben erhalten werden, im Controlling sammeln sich in vielen Fällen ein wahrer „Datenschrott“ zusammen, auf dem dann unternehmenswichtige Entscheide gefällt werden.
Für ein Anwenderunternehmen ist es notwendig, im Bereich Stammdatenpflege in Zukunft Kompetenz aufzubauen, Methoden zu entwickeln und die geeigneten Werkzeuge einzusetzen. Das ERP-System an sich zwingt zwar zur Pflege einzelner Datenfelder, es gibt den Pflegeprozess aber nicht vor.
Hier liegt bereits die erste Krux: Stammdatenpflegeprozesse werden in den meisten Prozessdarstellungen von vornherein vergessen oder unterschlagen. Darüber hinaus ist es notwendig, sich mit der gesamten Organisation der Stammdatenpflege intensiv auseinanderzusetzen.
Um es kurz zu machen: Der Bereich Stammdatenpflege ist komplex und für einfach Pauschallösungen, etwa nach dem Motto „zentral versus dezentral“ ungeeignet. Der Startpunkt ist klar: Wenn die Frage nach der Stammdatenqualität nicht als Führungsaufgabe eines jeden Managers verstanden wird, wird sich eine dauerhafte Excellence nicht einstellen. Der Führung folgt die Organisation und hier stehen v.a. Rollen und Verantwortlichkeiten im Mittelpunkt. Erst dann stellt sich die Frage nach der EDV-technischen Unterstützung. Hier gewinnen Workflow-Funktionen, integrierte Plausibilitätschecks, Hilfsmittel zur Massendatenmutation und eine statistische Qualitätskontrolle an Bedeutung.
Autor: Dr. Eric Scherer, i2s GmbH, Zürich

Mittwoch, 9. September 2009

Gespräch mit Rainer Zinow zu SAP Business byDesign

Im Vorlauf zu unserer Konferenz ideas + solutions am 8.10.2009 in Luzern habe ich mich mit Rainer Zinow, Senior Vice President bei SAP, zum Thema SAP Business byDesign unterhalten:

Frage: Die Version 2.0 von SAP Business byDesign ist Anfang Juli live geschaltet worden. Was beinhaltet das aktuelle Release?
Zinow: Wir haben jetzt insgesamt 35 End-to-End-Szenarien integriert, die unserer Meinung nach die Prozesse in einem mittelständischen Unternehmen gut widerspiegeln. Wir bieten eine Kundenbeziehungsmanagement, Einkaufswesen, Projektmanagement, Rechnungswesen, Personalwirtschaft und alle Prozesse um die Supply Chain (Lagerwirtschaft, Produktionsplanung, …). Aus unserer Sicht haben wir im betriebswirtschaftlichen Teil unsere Hausaufgaben gemacht.

Frage: Welche Veränderungen stehen denn für die nächsten Version auf der Agenda?
Zinow: Wir haben intern noch die Aufgabe, unsere Infrastruktur- und Betriebskosten zu senken. Da spielen uns die Entwicklungen bezüglich der neuen Memory-Architektur von Intel sicherlich in die Hände. Beim Betrieb ist es unser Ziel, den Anteil manueller Schritte sehr gering zu halten und diese eigentlich zu vermeiden. Denn nur automatisierte Abläufe bringen die notwendigen Kostenfortschritte, um Business byDesign für die SAP profitabel betreiben zu können.

Frage: Welche Rolle spielen Partner bei Business byDesign?
Zinow: Partner haben bei uns unterschiedliche Rollen, die sie ausfüllen können. Es ist das Ziel, in der Zukunft den Vertrieb weitgehend über Partner laufen zu lassen. Aktuell sind wir in der Markterschliessungsphase, wollen uns aber zunehmend aus dem direkten Vertrieb zurückziehen. Des weiteren sollen Partner auf Basis von Business byDesign eigene Branchenlösungen entwickeln und ihre Kompetenz in diesem Bereich einbringen: SAP liefert das Ökosystem, die Partner haben die Möglichkeit, auf ein Standardprodukt aufzusetzen und ihr Branchenwissen in eine moderne Plattform einzubringen.

Frage: Momentan hat nur ein erlauchter Kreis Zugang zu Business byDesign, sowohl auf Interessentenseite als auch auf Partnerseite. Wann ist mit einer Änderung zu rechnen?
Zinow: Aktuell sind wir in der kontrollierten Offensive und rüsten uns für die nächste Version, die im Sommer 2010 kommen wird. Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Monaten auf unserer Kostenseite Fortschritte machen und das Produkt in Richtung Massenmarkttauglichkeit trimmen können. Wir wollen zur nächsten Version allen interessierten Partnern eine Entwicklungsumgebung zur Verfügung stellen, auf der sie ihre Branchenlösungen entwickeln können. Dann sollte sich der Kreis der Nutzer deutlich erhöhen.

Mehr dazu am 8.10. in Luzern, denn dann ist Rainer Zinow einer der Diskutanten beim Blick in die Glaskugel: ERP im Jahr 2019.

Dienstag, 8. September 2009

ERP wird im Jahre 2019 zwitschern - meint Friedbert Schuh von Lawson

Im Rahmen unserer Tagung ideas + solutions führe ich eine Diskussion mit Vertretern führender ERP-Anbieter über ERP im Jahr 2019. Dabei sind Rainer Zinow von SAP, Robert Helgerth von Microsoft, Pierre-Alain Schnegg von Sage und Friedbert Schuh von Lawson.

Friedbert Schuh kann sich folgendes in 10 Jahren vorstellen:

Im Jahre 2019 wird kaum noch jemand von ERP reden, der Begriff wird abgelöst durch ein Akronym wie z.B. GRPO, was für Global Ressource Planning and Optimization steht. Es geht hier um das Planen und Optimieren globaler Netzwerke in denen die heutigen ERP Systeme eine Insellösung darstellen. GRPO adressiert Themen wie globale Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen in unterschiedlichen Organisationsformen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Angefangen beim Erfasssen und Eruieren von Market Trends, der Entwicklung von diesbezüglichen Strategien und Zusammenarbeitsmodellen, über die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen bis hin zu Produktions- und Vermarktungsstrategien die globale Märkte adressieren. Die Welt wird dabei mehr und mehr zu einem Dorf und heutige ERP Systeme würden in einem solchen Gebilde nur einzelne Strassenzüge abbilden. So wie es heute in einer atemberaubenden Geschwindigkeit emailed, blogged und twittert wird sich ERP auch zu einem Netzwerk verschiedener Lösungen entwickeln, weg von den monolitischen Lösungen einzelner Anbieter, hin zum offenen Kommunizieren von grösseren und kleineren Teilen eines GRPO – die dann miteinander zwitschern...

Ich bin gespannt, was uns in Zukunft erwartet. Wer mitdiskutieren möchte, ist herzlich zur Veranstaltung eingeladen. Einfach anmelden unter www.ideas-solutions.ch

Montag, 7. September 2009

Anforderungen an den ERP Projektleiter

Der Funktion des ERP Projektleiters seitens des Anbieters kommt vor allem im Mittelstand eine ganz besondere Bedeutung zu. Gerade hier ist Projekterfahrung das „A und O“. Die Beschränkung der Projektleitungsaufgabe auf zeitliche Überwachung, mitlaufender Kostenüberwachung und Ressourceneinsatzplanung ist in mittelständischen Projekten nicht zielführend und ausreichend.

Vielmehr muss der Projektleiter das Projekt auch fachlich führen und überwachen können. Dies setzt neben sehr guter Kenntnis des jeweiligen ERP Systems ein umfangreiches Verständnis für die Anforderungen des Kunden sowie Branchenkenntnisse voraus.

Bei kleineren Projekten soll (und muss) der Projektleiter durchaus auch die Teilprojektleitung eines Fachbereichs übernehmen.

Die Vita guter und erfahrener Projektleiter sollte also unbedingt einige Jahre Projekterfahrung als Berater in Fachthemen (Warenwirtschaft, Logistik, Fertigung, Finanzbuchhaltung usw.) aufweisen. Doch gerade diese Mitarbeiter sind rar und in aller Regel immer sehr gut ausgelastet und somit schwer zu bekommen. Daher wird oft versucht die Projektleitungstätigkeit auf eher lehrbuchartige Inhalte zu reduzieren bzw. auf den Kunden abzuwälzen.

Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass bei der Projektgestaltung und Teamzusammensetzung der Background des Projektleiters genauestens hinterfragt und ggf. auch interveniert wird.Letztendlich gibt es kein allgemeingültiges Anforderungsprofil für ERP Projektleiter, vielmehr ist dieses Projektindividuell zu definieren. Schließlich beeinflusst die Qualität der Projektleitung maßgeblich die Qualität der ERP Einführung und somit den Nutzen über die Einsatzdauer der ERP Lösung.

Autor: Marcus Dresel, Berater i2s, Zürich