Der Hype um den geschäftlichen Nutzen von Social Media scheint noch nicht durchgängig bei den Unternehmen angekommen zu sein: Nur 7 Prozent der von i2s im Rahmen der i2s CRM Studie 2010/11 befragten 245 Unternehmen planen im Jahr 2011 Investitionen im Bereich Social Media. Zum Vergleich: 19% der Befragten wollen im Bereich Order Management investieren. Von 15 möglichen Investitionsbereichen landet Social Media auf dem letzten Rang.
Ein ernüchterndes Ergebnis - steht es doch im Widerspruch zu den Anstrengungen der Anbieter, Social Media im Bereich CRM als "the next big thing" zu positionieren. Die Erfolgsbeispiele wie Dell's Verkaufserfolge werden gebetsmühlenartig wiederholt, um die Notwendigkeit von Social Media und den geschäftlichen Nutzen darzustellen. Aber wahrscheinlich liegt genau hier das Problem: Es sind zu wenige Beispiele und der Nutzen einer Community oder einer Fan-Site ist nicht so leicht zu quantifizieren.
Zweck der Social Media Initiative
Ohne einen klar definierten Zweck wird der Erfolg einer Social Media Initiative nur schwer zu messen sein. Geklärt werden muss beispielsweise, welche Arten von Konversationen das Unternehmen anbieten will, was das Ziel von solchen Kundeninteraktionen ist und wie sich die eigenen Ziele mit den Wünschen der Zielgruppe vereinbaren lassen. So können die Zielvorgaben beispielsweise lauten, die Kundendienstkosten zu senken, die Kundenzufriedenheit und die Wiederkaufwahrscheinlichkeit zu erhöhen.
Diese Ziele verlangen danach, abteilungsübergreifend koordiniert zu werden und sollten entsprechend im Unternehmen verankert sein. Denn die Chance, dass sich Kundenbeziehungen durch Social Media Initiativen ändern, sind hoch.
Vorsicht Fallen
Wichtig für eine funktionierende Social Media Initiative ist eine sauber ausgearbeitete Strategie im Hintergrund, um nicht Fehler im Umgang mit Kunden zu begehen, die sich im Netz extrem schnell verbreiten.
Die Mitarbeiter mit Kundenkontakt müssen verstehen, wie Social Media funktioniert und welche Rolle und Verantwortung sie dabei haben. Oftmals herrscht gerade auf Geschäftsführungsebene noch Verunsicherung und Angst, dass Mitarbeiter sich in den Kundeninteraktionen falsch verhalten. Als Lösung bietet sich ein abteilungsübergreifender Prozess an, um eine einheitliche Tonalität und Botschaft gegenüber Kunden zu entwickeln.
Die Einführung von Social Media Initiativen sind gleichbedeutend mit Veränderungen im Unternehmen. Ohne Unterstützung werden solche Initiativen kein Erfolg haben, denn das Top-Management muss nicht nur die erforderlichen Ressourcen zusichern, sondern sich erfahrungsgemäß beispielsweise auch in Online-Konversationen mit Kunden selbst einbringen.
Es ist auch nicht notwendig, mit einem groß angelegten Softwarekauf die Social Media Initiative zu starten. Zuerst bietet es sich an, mal nachzuschauen, was in Blogs, auf Twitter, Amazon und in anderen Social Networks über die eigenen Produkte oder Firmen im Umlauf ist. Darauf aufbauend lässt sich beispielsweise Twitter in das eigene Software-Portfolio integrieren, ohne Lizenzkosten ausgeben zu müssen.
Fazit
Auch kleinere Unternehmen werden sich mit Social Media auseinandersetzen müssen – ihre Kunden nutzen die Möglichkeiten wahrscheinlich schon. Durch eine wohlüberlegte Social Media Initiative können Firmen wichtige Impulse für ihre Produktentwicklung erhalten. Und, wie das Beispiel Dell zeigt, neue Varianten kreieren und drastisch Kosten senken.
Mehr Informationen zur i2s CRM-Studie: www.changebox.info
Autor: Frank Naujoks
Donnerstag, 25. November 2010
Donnerstag, 18. November 2010
ERP-Strategie: Auf der Suche nach dem besten System
Circa alle zehn Jahre sollten Unternehmen ihre IT-Strategie überdenken und sich mit ihrem ERP-System auseinandersetzen. Dabei werden auch die Prozesse intensiv untersucht.
Unternehmen sind gerade mitten in einer Welle der ERP-Erneuerung. Systeme, die im Vorfeld des Jahr-2000-Problems vor mehr als zehn Jahren eingeführt worden sind, haben das Ende ihres Lebenszyklus erreicht. Neue Funktionalitäten aber auch neue Themen wie Social Media machen eine Entscheidung immer notwendiger. Zwar spielt bei der Auswahl einer ERP-Software immer noch die Funktionalität eine dominierende Rolle, aber zunehmend erkennen Anwender auch, dass es sich um eine langfristige strategische Entscheidung handelt, welchem ERP-Ökosystem und damit welcher Technologiefamilie man sich anschließt. Bei dieser Entscheidung spielt natürlich auch die Geschäftsstrategie eine dominierende Rolle.
Die grundlegende Frage, die sich bei der Suche nach dem Zusammenhang zwischen Geschäftsstrategie und IT-Strategie immer wieder stellt, ist, ob IT-Innovationen zu einer Innovation der Geschäftsprozesse führen sollen oder umgekehrt. Sie lässt sich nicht einfach beantworten, letztendlich sind beide Wege richtig.
Wichtig dabei ist, dass die aus den Reihen der Enttäuschten und Technophoben immer wieder plakativ vorgetragene These, dass sich IT alleinig der Geschäftsstrategie unterzuordnen hat, so nicht richtig ist. Dies würde postulieren, dass sich ein Unternehmen vollkommen unabhängig von der Innovation der IT und der dadurch entstehenden Möglichkeiten weiter entwickeln kann.
Richtig ist aber auch, dass eine Innovation auf dem IT-Markt nicht zwangsläufig zu einer Innovation der Geschäftsprozesse führen muss. Auf allen Ebenen muss zwischen IT und Organisation eine gegenseitige Konformität erreicht werden. Letztlich heißt das, dass IT-Strategie und Geschäftsstrategie zueinander passen müssen.
In aller Regel werden in einem modernen Industrie- und Handelsbetrieb ca. 80-85% der operativen Geschäftsprozesse unmittelbar durch Software-Systeme abgebildet. Zahlreiche weitere Prozesse (ca. 5-10%) sind vorwiegend manueller Natur, sind aber als zu- und abführende (Teil-) Prozesse und Aktivitäten unmittelbar mit Standard-Software-Systemen verknüpft. Durch die zunehmende Verfügbarkeit von Systemfunktionen, etwa in den Bereichen MIS/BI (Führungsinformationssysteme) oder CRM/SFA (Kunden- bzw. Auftragsgewinnungssysteme) werden auch Führungs- und Entscheidungsprozesse und solche Unternehmensfunktionen, die in der Vergangenheit weniger von Software bestimmt waren, zunehmend von Software "determiniert".
In der Folge ist die klassische "Prozessoptimierung" immer weniger eine Optimierung "auf der grünen Wiese" sondern muss als Annäherung der Unternehmensfunktion und -bedürfnisse an die "Best Practises" einer Standard-Software-Systems bzw. der „ERP-Marktes“ als Ganzes verstanden werden. Auf Grund der grossen Auswahl an Systemen sowie des grossen Funktionsumfangs von Systemen kann man heute davon ausgehen, dass ca. 90% der Anforderungen mit dem "Standard" einer Standard-Software abgedeckt werden kann, die fehlenden Funktionen - im Englischen spricht man von "Gaps" - können in aller Regel durch einfache Programmierung (Formulare, Makros, etc.) abgedeckt werden. Eine umfassende Programmierung ist nur noch in wenigen Fällen notwendig. Hier sind zwischen verschiedenen Branchen jedoch Unterschiede auszumachen. Der klassische Fertigungs- und Handelsbereich können in aller Regel sehr umfassend abgedeckt werden, im Bereich "Service" beispielsweise ergeben sich aktuell eher Defizite.
Auf Grund der vorangegangenen Betrachtungen wird klar, dass ein "Prozessoptimierungsprojekt" im Vorfeld einer ERP-Evaluation von der eigentlichen ERP-Evaluation nicht zu trennen ist. Die Prozessoptimierung entspricht daher eher einer "Suche nach dem richtigen Standard", d.h. jener Standard- bzw. Referenzprozesse, die die Anforderungen des Unternehmens optimal abdecken und den meisten betriebswirtschaftlichen Nutzen bringen. Diese Suche hat dabei zwei Elemente: in einem ersten Schritt ist zu klären, welcher Standard für das Unternehmen ideal ist, in einem zweiten Schritt ist ein System zu finden, dass diesen Standard auch effizient abbildet. Beide Aufgaben sind nicht wirklich sequentiell sondern sehr iterativ. Entsprechend ergibt sich der Projekterfolg eher als eine Multiplikationsfunktion der beiden Faktoren „Optimale Prozessorganisation“ und „Abgestimmte Software“ als durch eine Addition.
In vielen konkreten Fall hat man es somit weniger mit einem Prozessoptimierungsprojekt zu tun. Der Schwerpunkt liegt auf dem Management der organisatorischen Veränderung ("Change Management"). Change Management fördert den Abstimmungsprozess zwischen Software, Prozessorganisation und den betroffenen Personen bzw. ihrer Arbeitsorganisation. Ein wichtiges Hilfsmittel sind sogenannte "Change Impact Portfolios", mit denen aufzeigt wird, wo sich die aktuelle bzw. zukünftige (=SOLL) Prozessorganisation in Relation zum Software-Standard und zum aktuellen IST-Zustand der Organisation befindet.
Standard-Software selbst ist ein hervorragendes Hilfsmittel für das Management der organisatorischen Veränderung, da Standard-Software quasi ein weitgehend objektivierbares, da letztlich technisches, Ziel vorgibt. Dieser Umstand hat in den vergangenen Jahren zur "Erfolgs-Ehe Standard-Software / Prozessoptimierung" geführt.
Rollenwandel der ERP-Nutzer
Der technologische Wandel, der erstmals über den privaten statt über den Unternehmensalltag vollzogen und getrieben wird, wird nach Einschätzung von Gartner in den nächsten fünf Jahren noch weiter zunehmen. Für die Unternehmen bedeutet dies, dass sie versuchen müssen, die Veränderungen von Verhaltensweisen und neue Technologien in ihre etablierte Unternehmenskultur und -infrastruktur zu integrieren.
Aber auch die Anforderungen an die Wissensarbeiter steigen. Um den Anforderungen gerecht werden zu können, wird immer mehr ein Wissens-Mix aus Business und Technologie gefordert. Während der klassische ERP-Anwender in der «alten Zeit» ein klar umrissenes Aufgabenfeld hatte, und die IT an der Unternehmensgrenze endete, ist das Aufgabenfeld heute dynamisch und ständigen Änderungen unterworfen. Der direkte Vorgesetzte und das Unternehmen verlieren zunehmend an Bedeutung sowohl für die Organisation wie auch für die Erledigung der täglichen Arbeit.
Die Folgen für das Unternehmen dürfen keinesfalls unterschätzt werden. So wie Produktionsanlagen mobil sind, sind auch die für den Unternehmenserfolg wertvollen Wissensarbeiter mobil geworden. Die IT ist mobil, dank Software-as-a-Service, UMTS und Notebooks. Damit sind auch die Anwender nicht mehr an klassische Vorgaben gebunden.
Die Anbieter von ERP-Lösungen müssen auf Änderungen im Nutzerverhalten und zum Einsatz ihrer Lösungen in der neuen Welt schnell Antworten finden. Noch ist die Mehrheit der Unternehmen träge und nur punktuell offen für Web-2.0-Angebote. Man befindet sich noch weitestgehend in der Testphase. Funktioniert etwas, wird es eingesetzt; im Moment erst noch von einer Minderheit, bald aber immer schneller auch von der Mehrheit. Sich dem Trend zu widersetzen wird sich kein Unternehmen, das zukünftig Erfolg haben möchte, leisten können.
Handlungsbedarf
Das Individualdenken der Anwender steht im Gegensatz zu langjährigen Grundlagen von ERP-Systemen, wie Standardisierung und Prozessorientierung im Sinne von eingeschränkter Prozessführung. Das heutige User-Verhalten entspricht immer weniger dem Anwendermuster aus den «Gründerjahren» der ERP-Systeme. ERP-Systeme verfolgen im Kern noch heute Baupläne aus den Gründerjahren. Diese wurden zwar kontinuierlich technologisch «aufgemotzt», aber nicht wirklich neu durchdacht. Mit den immer höheren Ansprüchen der Anwender werden hier vollkommen neue Konzepte notwendig. Diese sind zwingend «hybrid» und müssen eine Beteiligung der User am IT-Customizing an sich zulassen.
Die IT-Kulturen und die IT-Governance in den Unternehmen sind noch nicht auf die «neuen User-Kulturen» abgestimmt. Hier werden dringend neue Ansätze notwendig, wobei sich diese zwingend von einer reinen «Technik-Denke» verabschieden müssen. IT-Anwendungslandschaften im Unternehmen werden immer mehr zu basisdemokratischen Systemen. Das Wissensmonopol der IT-Abteilungen wird damit gebrochen. Um diese «komplexen Systeme» zu führen und zu gestalten, muss man sie verstehen, wie sie sich verändern. Erst wenn man diese Veränderungslogik versteht, lässt sich diese auch beeinflussen.
Autor: Frank Naujoks, i2s
Unternehmen sind gerade mitten in einer Welle der ERP-Erneuerung. Systeme, die im Vorfeld des Jahr-2000-Problems vor mehr als zehn Jahren eingeführt worden sind, haben das Ende ihres Lebenszyklus erreicht. Neue Funktionalitäten aber auch neue Themen wie Social Media machen eine Entscheidung immer notwendiger. Zwar spielt bei der Auswahl einer ERP-Software immer noch die Funktionalität eine dominierende Rolle, aber zunehmend erkennen Anwender auch, dass es sich um eine langfristige strategische Entscheidung handelt, welchem ERP-Ökosystem und damit welcher Technologiefamilie man sich anschließt. Bei dieser Entscheidung spielt natürlich auch die Geschäftsstrategie eine dominierende Rolle.
Die grundlegende Frage, die sich bei der Suche nach dem Zusammenhang zwischen Geschäftsstrategie und IT-Strategie immer wieder stellt, ist, ob IT-Innovationen zu einer Innovation der Geschäftsprozesse führen sollen oder umgekehrt. Sie lässt sich nicht einfach beantworten, letztendlich sind beide Wege richtig.
Wichtig dabei ist, dass die aus den Reihen der Enttäuschten und Technophoben immer wieder plakativ vorgetragene These, dass sich IT alleinig der Geschäftsstrategie unterzuordnen hat, so nicht richtig ist. Dies würde postulieren, dass sich ein Unternehmen vollkommen unabhängig von der Innovation der IT und der dadurch entstehenden Möglichkeiten weiter entwickeln kann.
Richtig ist aber auch, dass eine Innovation auf dem IT-Markt nicht zwangsläufig zu einer Innovation der Geschäftsprozesse führen muss. Auf allen Ebenen muss zwischen IT und Organisation eine gegenseitige Konformität erreicht werden. Letztlich heißt das, dass IT-Strategie und Geschäftsstrategie zueinander passen müssen.
In aller Regel werden in einem modernen Industrie- und Handelsbetrieb ca. 80-85% der operativen Geschäftsprozesse unmittelbar durch Software-Systeme abgebildet. Zahlreiche weitere Prozesse (ca. 5-10%) sind vorwiegend manueller Natur, sind aber als zu- und abführende (Teil-) Prozesse und Aktivitäten unmittelbar mit Standard-Software-Systemen verknüpft. Durch die zunehmende Verfügbarkeit von Systemfunktionen, etwa in den Bereichen MIS/BI (Führungsinformationssysteme) oder CRM/SFA (Kunden- bzw. Auftragsgewinnungssysteme) werden auch Führungs- und Entscheidungsprozesse und solche Unternehmensfunktionen, die in der Vergangenheit weniger von Software bestimmt waren, zunehmend von Software "determiniert".
In der Folge ist die klassische "Prozessoptimierung" immer weniger eine Optimierung "auf der grünen Wiese" sondern muss als Annäherung der Unternehmensfunktion und -bedürfnisse an die "Best Practises" einer Standard-Software-Systems bzw. der „ERP-Marktes“ als Ganzes verstanden werden. Auf Grund der grossen Auswahl an Systemen sowie des grossen Funktionsumfangs von Systemen kann man heute davon ausgehen, dass ca. 90% der Anforderungen mit dem "Standard" einer Standard-Software abgedeckt werden kann, die fehlenden Funktionen - im Englischen spricht man von "Gaps" - können in aller Regel durch einfache Programmierung (Formulare, Makros, etc.) abgedeckt werden. Eine umfassende Programmierung ist nur noch in wenigen Fällen notwendig. Hier sind zwischen verschiedenen Branchen jedoch Unterschiede auszumachen. Der klassische Fertigungs- und Handelsbereich können in aller Regel sehr umfassend abgedeckt werden, im Bereich "Service" beispielsweise ergeben sich aktuell eher Defizite.
Auf Grund der vorangegangenen Betrachtungen wird klar, dass ein "Prozessoptimierungsprojekt" im Vorfeld einer ERP-Evaluation von der eigentlichen ERP-Evaluation nicht zu trennen ist. Die Prozessoptimierung entspricht daher eher einer "Suche nach dem richtigen Standard", d.h. jener Standard- bzw. Referenzprozesse, die die Anforderungen des Unternehmens optimal abdecken und den meisten betriebswirtschaftlichen Nutzen bringen. Diese Suche hat dabei zwei Elemente: in einem ersten Schritt ist zu klären, welcher Standard für das Unternehmen ideal ist, in einem zweiten Schritt ist ein System zu finden, dass diesen Standard auch effizient abbildet. Beide Aufgaben sind nicht wirklich sequentiell sondern sehr iterativ. Entsprechend ergibt sich der Projekterfolg eher als eine Multiplikationsfunktion der beiden Faktoren „Optimale Prozessorganisation“ und „Abgestimmte Software“ als durch eine Addition.
In vielen konkreten Fall hat man es somit weniger mit einem Prozessoptimierungsprojekt zu tun. Der Schwerpunkt liegt auf dem Management der organisatorischen Veränderung ("Change Management"). Change Management fördert den Abstimmungsprozess zwischen Software, Prozessorganisation und den betroffenen Personen bzw. ihrer Arbeitsorganisation. Ein wichtiges Hilfsmittel sind sogenannte "Change Impact Portfolios", mit denen aufzeigt wird, wo sich die aktuelle bzw. zukünftige (=SOLL) Prozessorganisation in Relation zum Software-Standard und zum aktuellen IST-Zustand der Organisation befindet.
Standard-Software selbst ist ein hervorragendes Hilfsmittel für das Management der organisatorischen Veränderung, da Standard-Software quasi ein weitgehend objektivierbares, da letztlich technisches, Ziel vorgibt. Dieser Umstand hat in den vergangenen Jahren zur "Erfolgs-Ehe Standard-Software / Prozessoptimierung" geführt.
Rollenwandel der ERP-Nutzer
Der technologische Wandel, der erstmals über den privaten statt über den Unternehmensalltag vollzogen und getrieben wird, wird nach Einschätzung von Gartner in den nächsten fünf Jahren noch weiter zunehmen. Für die Unternehmen bedeutet dies, dass sie versuchen müssen, die Veränderungen von Verhaltensweisen und neue Technologien in ihre etablierte Unternehmenskultur und -infrastruktur zu integrieren.
Aber auch die Anforderungen an die Wissensarbeiter steigen. Um den Anforderungen gerecht werden zu können, wird immer mehr ein Wissens-Mix aus Business und Technologie gefordert. Während der klassische ERP-Anwender in der «alten Zeit» ein klar umrissenes Aufgabenfeld hatte, und die IT an der Unternehmensgrenze endete, ist das Aufgabenfeld heute dynamisch und ständigen Änderungen unterworfen. Der direkte Vorgesetzte und das Unternehmen verlieren zunehmend an Bedeutung sowohl für die Organisation wie auch für die Erledigung der täglichen Arbeit.
Die Folgen für das Unternehmen dürfen keinesfalls unterschätzt werden. So wie Produktionsanlagen mobil sind, sind auch die für den Unternehmenserfolg wertvollen Wissensarbeiter mobil geworden. Die IT ist mobil, dank Software-as-a-Service, UMTS und Notebooks. Damit sind auch die Anwender nicht mehr an klassische Vorgaben gebunden.
Die Anbieter von ERP-Lösungen müssen auf Änderungen im Nutzerverhalten und zum Einsatz ihrer Lösungen in der neuen Welt schnell Antworten finden. Noch ist die Mehrheit der Unternehmen träge und nur punktuell offen für Web-2.0-Angebote. Man befindet sich noch weitestgehend in der Testphase. Funktioniert etwas, wird es eingesetzt; im Moment erst noch von einer Minderheit, bald aber immer schneller auch von der Mehrheit. Sich dem Trend zu widersetzen wird sich kein Unternehmen, das zukünftig Erfolg haben möchte, leisten können.
Handlungsbedarf
Das Individualdenken der Anwender steht im Gegensatz zu langjährigen Grundlagen von ERP-Systemen, wie Standardisierung und Prozessorientierung im Sinne von eingeschränkter Prozessführung. Das heutige User-Verhalten entspricht immer weniger dem Anwendermuster aus den «Gründerjahren» der ERP-Systeme. ERP-Systeme verfolgen im Kern noch heute Baupläne aus den Gründerjahren. Diese wurden zwar kontinuierlich technologisch «aufgemotzt», aber nicht wirklich neu durchdacht. Mit den immer höheren Ansprüchen der Anwender werden hier vollkommen neue Konzepte notwendig. Diese sind zwingend «hybrid» und müssen eine Beteiligung der User am IT-Customizing an sich zulassen.
Die IT-Kulturen und die IT-Governance in den Unternehmen sind noch nicht auf die «neuen User-Kulturen» abgestimmt. Hier werden dringend neue Ansätze notwendig, wobei sich diese zwingend von einer reinen «Technik-Denke» verabschieden müssen. IT-Anwendungslandschaften im Unternehmen werden immer mehr zu basisdemokratischen Systemen. Das Wissensmonopol der IT-Abteilungen wird damit gebrochen. Um diese «komplexen Systeme» zu führen und zu gestalten, muss man sie verstehen, wie sie sich verändern. Erst wenn man diese Veränderungslogik versteht, lässt sich diese auch beeinflussen.
Autor: Frank Naujoks, i2s
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