Aber auch für Unternehmen, die üblicherweise mehrere Millionen Euro für die Einführung eines on-premise ERP-Systems ausgegeben haben, kann SaaS ERP in den nächsten Jahren interessant werden. Bei einer durchschnittlichen Laufzeit von 10 bis 15 Jahren beginnen bei vielen Unternehmen, die im Rahmen der Vorbereitung auf das Jahr 2000 ihre ERP-Landschaft modernisiert haben, die Vorüberlegungen und Planungen für ein neues grosses ERP-Projekt. Die für den Herbst angekündigte Version 2 von SAP Business by Design wird zwar funktional noch nicht an die SAP ERP Suite heranreichen. Eine erste längere Auseinandersetzung mit den Funktionalitäten verspricht aber eine deutlich gestiegene Alltagstauglichkeit als die Versionen, die seit Herbst 2007 angeboten werden. Enthielt die erste Version schon die Module Buchhaltung, Personalwesen (HR), CRM und Projektmanagement mit einer Branchenausrichtung auf Manufacturing und Service, sollen ausgebaute Prozessketten und funktionale Erweiterungen Anwendern ein breiteres Einsatzfeld ermöglichen.
SaaS-ERP-Anbieter setzen sehr stark auf Veränderungen in den Ansprüchen der zukünftigen Kunden. An die Stelle des sehr teuren und aufwendigen Customizing soll vielmehr ein einfaches Konfigurieren treten. Aus der Erfahrung fürchtet sich nahezu jedes Unternehmen vor einer ERP-Migration: Zeitaufwendig, teuer, hochkomplex und eigentlich nie fertig. Je angepasster das System in den letzten Jahren geworden ist, desto komplizierter ist die Erhaltung der Update-Fähigkeit. Dabei wünschen sich Anwenderunternehmen eigentlich nichts lieber als einfach zu bedienende Systeme.
Allerdings ist in den letzten Jahren der Funktionsumfang und auch die Branchenkompetenz der ERP-Anbieter soweit gestiegen, dass Out-of-the Box-Lösungen mehr im Standard abdecken, was vor ein paar Jahren noch mühsam und damit teuer individual angepasst werden musste. Wenn sich Anwender jetzt noch eingestehen, dass es nur sehr wenige Bereiche gibt, in denen sie nicht auf Standards zugreifen müssen, um sich vom Wettbewerb zu unterscheiden, gewinnen konfigurierbare Lösungen an Charme.
Hinzu kommt, dass bei SaaS-Anwendungen Wartung und Pflege der Software vom Anbieter übernommen wird und es keine Releasewechsel-Projekte mehr gibt. Dies führt zu der Möglichkeit, IT-Mitarbeiter auf strategisch bedeutendere Projekte zu konzentrieren als auf Releasewechsel.
Doch neben den Treibern gibt es einige Hemmfaktoren, die die Verbreitung von SaaS ERP bremsen können. So spielt das Thema Datensicherheit und Datenschutz bei Anwendern eine grosse Rolle. Hier müssen die Anbieter sicherstellen, dass sie diese Anforderungen ernst nehmen und beispielsweise über Testangebote Anwendern die Möglichkeit bieten, diese Vorbehalte abzubauen.
Hinzu kommt das Problem Komplexität. ERP-Systeme an sich in ihrer existierenden Form weisen heute bei mittelständischen und bei grossen Unternehmen eine sehr hohe Komplexität auf. Diese ist einerseits bedingt durch unterschiedliche Release-Stände im Unternehmen, unterschiedliche Anbieter der Software, aber andererseits auch durch den Funktionsumfang der ERP-Suite und insbesondere deren Wachstum in den letzten Jahren. Sind in der ersten ERP-Zufriedenheitsstudie 2003 beispielsweise 13 ERP-Module abgefragt worden, ist diese Zahl auf 32 im Jahr 2008 gestiegen.
Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist die Fehlersuche in der Cloud. ERP-Systeme sind eigentlich nur das technologische Mittel zur Abbildung und möglichst effizienten Durchführung von Geschäftsprozessen. Wenn es im Zusammenspiel zwischen einem Cloud-System und dem on-Premise-System zu Schwierigkeiten bei der Prozessabbildung kommt, fehlt die Möglichkeit, die Cloud-Prozesse anzupassen.
Kostenfalle SaaS?
Aktuell kämpfen nicht nur die Anwender mit Rechenmodellen, ob SaaS oder on-premise-Lösungen über mehrere Jahre kostengünstiger sind. Anfänglich haben die SaaS-Modelle wegen der fehlenden Anfangsinvestition definitiv Vorteile, im Lauf der Jahre können die on-premise-Modelle durchaus aufholen und ausgleichen. Dies hängt auch davon ab, ob in die Berechnungen beispielsweise die Kosten für Updates und Datensicherung einbezogen werden oder nicht.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den es zu berücksichtigen gilt, ist die dauerhafte Kostenbelastung. Ein einmal abgeschriebenes IT-System läuft immer noch, selbst wenn es den Hersteller unter Umständen schon lange nicht mehr gibt und verursacht nur Anpassungskosten, unter Umständen nicht einmal diese. Doch eine gemietete Anwendung muss bis zum Laufzeitende weiterbezahlt werden.
Doch nicht nur die Anwender müssen rechnen. Auch die Anbieter haben feststellen müssen, dass der Betrieb einer Multi-Tenant-Architektur hohe interne Kosten nach sich zieht für das erstmalige Aufsetzen, aber auch für Betrieb und Pflege des Systems.
Ausblick
SaaS ERP wird weiter wachsen, dennoch sorgt die Komplexität der integrierten ERP Suites, dass insbesondere Grossunternehmen erst mittelfristig mit einer wirklich integrierten SaaS ERP-Lösung rechnen können. Dennoch beschäftigen sich Grossunternehmen schon heute mit dem punktuellen Einsatz von SaaS-Geschäftsanwendungen in ihrem Unternehmen und müssen auch eine entsprechende Softwarestrategie entwickeln und ihre IT-Strategie entsprechend ergänzen.
IT-Abteilungen sollten sich aktiv dem SaaS-Angebot zuwenden und dieses kontinuierlich beobachten. Fachabteilungen können sonst schneller ein Eigenleben entwickeln, als es gut ist für das Unternehmen, und auf eigene Faust punktuelle Ergänzungen des Software-Portfolios vornehmen.
6 Schritte für den CIO zum Umgang mit SaaS-Angeboten:
- Finden Sie heraus, ob SaaS-Angebote schon in der Firma eingesetzt werden
- Finden Sie heraus, warum Abteilungen SaaS-Angebote gewählt haben
- Evaluieren Sie, welche Anwendungen gute SaaS-Kandidaten sein können
- Entwickeln Sie eine Applikationsstrategie
- Finden Sie heraus, ob SaaS-Angebote für Sie nützlich sind
- Entwickeln Sie eine SaaS-Strategie und integrieren Sie diese in ihre Applikationsstrategie
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